Geldsachen sind Vertrauenssachen und wenn etwas zu gut ist um wahr zu sein, Finger weg! Das ist wohl das Resümee aus dem Konkurs der Commerzialbank, der sich heute zum 5. Mal jährt! Es ist ein Skandal, der Österreichs Justiz, Politik und Öffentlichkeit seit Jahren beschäftigt – und selbst fünf Jahre nach der spektakulären Schließung der Commerzialbank Mattersburg ist noch kein Schlussstrich gezogen. Während der einstige Bankchef Martin Pucher inzwischen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verhandlungsfähig ist, arbeiten sich Gerichte, Ermittler und Historiker weiterhin durch einen Sumpf aus gefälschten Salden, Phantomkrediten und systemischem Versagen.
25 Beschuldigte, 70 Aktenbände und 35.000 Seiten
Stand Juli 2025: Noch immer wird gegen 25 Beschuldigte ermittelt – darunter 16 Personen und neun Verbände. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) spricht von rund 600 Millionen Euro Schaden. Die Palette der Vorwürfe liest sich wie ein juristisches Panoptikum: gewerbsmäßiger Betrug, Untreue, Krida, Bilanzfälschung, Geldwäsche und Korruption. Allein der Verfahrenskomplex umfasst laut WKStA rund 70 Aktenbände mit 35.000 Seiten – ein Mammutakt für die Justiz.
Ex-Vorständin im Gefängnis, Pucher außen vor
Die Co-Vorständin Franziska K., die langjährige Mitstreiterin von Martin Pucher, wurde im Februar 2025 bereits zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt – nach einem umfassenden Geständnis. Pucher selbst ist schwer krank, sein Verfahren wurde ausgeschieden. Mit den beiden waren drei Unternehmer angeklagt, die durch fingierte Kredite ihre eigenen Firmen über Wasser gehalten hatten. Einer wurde bereits verurteilt, für die anderen beiden steht das Urteil im Juli an.
Malversationen bis in die Polizeiweihnachtsfeier
Doch nicht nur die großen Namen beschäftigen die Gerichte: Auch kleinere Verfahren laufen. So wurden Pucher und die Ex-Vorständin bereits Anfang 2024 wegen der Zahlung von Schweigegeld an einen Mitarbeiter (70.000 Euro) zu bedingten Haftstrafen verurteilt. Ein OeNB-Mitarbeiter erhielt ebenfalls eine bedingte Strafe – weil er Pucher vor Kontrollen warnte. Und selbst ein laufender Prozess zu von der Bank gesponserten Polizeiweihnachtsfeiern zeigt, wie tief das System Pucher in lokale Strukturen vorgedrungen war.
Auch ein berühmter Ex-Spieler und heutiger Trainer verlor viel Geld bei der Commerzialbank Mattersburg. Fast 1,7 Millionen Euro waren es laut Heute, die Einlagensicherung von maximal 100.000 Euro ist hier auch keine Hilfe mehr.
Ein Geschäft mit der Pleite hätte es auch geben sollen: Ein Polizist erstattete Selbstanzeige, nachdem er gemeinsam mit einem Helfer – der dafür Geld verlangte – versuchte, über 100.000 Euro von der Einlagensicherung zurückzuerhalten. Dazu wurden die Losungswortsparbücher an andere Personen übergeben, wie der Kurier berichtete..
Politik unter Druck, aber keine Haftung
Der Skandal hatte auch politische Folgen: Ein ehemaliger Landesrat und Aufsichtsratspräsident der Fußballakademie Burgenland, trat 2020 zurück – wegen eines 100 Gramm schweren Goldbarrens anlässlich seines 60. Geburtstags. Auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil geriet ins Visier, wurde befragt, sein Handy ausgewertet – das Verfahren wurde jedoch eingestellt.
Weder die Republik noch das Land Burgenland haften laut Gerichtsurteilen für die Schäden – obwohl das Land als Revisionsverband der Mehrheitseigentümerin der Bank fungierte. Auch Klagen gegen die Republik und gegen die Wirtschaftsprüfer TPA laufen oder wurden bereits eingebracht.
Bank schon 1999 insolvent – oder früher
Ein Gutachten bringt es auf den Punkt: Spätestens seit 1999 war die Bank faktisch zahlungsunfähig. Einige Aussagen und Akten legen sogar nahe, dass erste Manipulationen bereits 1981 begonnen haben könnten. Franziska K. sagte aus, dass 95–98 Prozent der Interbankeinlagen, 50 Prozent der vergebenen Kredite und rund 10 Prozent der Kundeneinlagen erfunden gewesen seien.
SV Mattersburg: Fußball als Fassade
Ein besonders bitteres Kapitel bleibt der Fall des SV Mattersburg. Rund 30 Jahre lang hatte Pucher den Verein aufgebaut – teilweise mit Geld, das es gar nicht gab. Sponsoringverträge wurden gefälscht, Gelder erfunden, ganze Budgets künstlich aufgestockt. Nach dem Zusammenbruch der Bank musste der Verein die Bundesligalizenz zurücklegen. Ein Neuanfang unter anderem Namen folgte – doch die goldene Ära des burgenländischen Fußballs war vorbei.
Fazit: Die Commerzialbank ist Geschichte – aber noch lange nicht Vergangenheit
Der Fall Commerzialbank zeigt auf erschreckende Weise, wie leicht Kontrolle versagen kann, wenn Vertrauen zum Selbstzweck wird – und wie schwer es ist, ein komplexes Lügenkonstrukt im Nachhinein aufzuarbeiten. Auch Jahre später stolpern Gerichte, Journalisten und Politiker durch ein Dickicht aus Verschleierungen, Verantwortungsvermeidung und Erinnerungslücken. Der Schaden – finanziell, politisch und gesellschaftlich – bleibt real.
Darum nochmals: Geldsachen sind Vertrauenssachen und wenn etwas zu gut ist um wahr zu sein, Finger weg!